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Jetzt anmeldenWasser formt unsere vielfältigen Landschaften in Niedersachsen und bildet die Grundlage für Ökosysteme. Auch in unseren Kulturlandschaften spielt die wertvolle Ressource eine wichtige Rolle. Wasser wird auf unterschiedlichste Weise verwendet bzw. aufbereitet: Als Trink- und Abwasser, zur Bewässerung von Feldern und Gärten, in der Produktion wirtschaftlicher Güter, im Freizeit- und Sportbereich, um nur ein paar Bereiche zu nennen. Folglich stellen zahlreiche Personengruppen (sogenannte Stakeholder) Ansprüche an die Nutzung dieser Ressource. Dazu zählen private Haushalte, öffentliche Einrichtungen, Unternehmen, aber auch Verbände und Behörden, die sich für den Schutz des Wassers einsetzen und rechtliche Rahmenbedingungen für seine Nutzung schaffen.
Das Thema Wasser hat infolge der sehr trockenen Sommer in den letzten Jahren mehr Relevanz in der öffentlichen Wahrnehmung erhalten. In der Gesellschaft vollzieht sich allmählich ein Umdenken hin zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit dieser Ressource. Diesbezüglich erhält auch die Nutzungskonkurrenz mehr Bedeutung: Abstimmungen zwischen den verschiedenen Interessen und Ansprüchen werden immer wichtiger, was sich auch auf die Digitalisierung im Wassermanagement auswirkt.
Die Wissenschaftler*innen des Zukunftslabors Wasser analysieren, in welchen Bereichen des Wassersektors und in welcher Form Digitalisierung benötigt wird. Sie prüfen, welche Prozesse und Strukturen innerhalb des Wassermanagements verändert bzw. wie diese angepasst werden müssen, um die Digitalisierung nutzbar zu machen. Um die Bedarfe und Ansprüche an die Digitalisierung des Wassermanagements zu ermitteln, interviewten die Wissenschaftler*innen bislang 15 Stakeholder.
Interviews mit Stakeholdern aus dem niedersächsischen Wassersektor
Die Wissenschaftler*innen wählten bewusst verschiedene Stakeholder aus, um ein möglichst vollständiges Bild der unterschiedlichen Ansprüche zu erhalten. Sie sprachen mit Landes- und Fachbehörden (z. B. dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz oder dem Niedersächsischen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie), Verbänden und Organisationen (z. B. dem Wasserverbandstag, Unterhaltungsverbänden, Deutsche Vereinigung der Wasserwirtschaft) sowie mit Stakeholdern auf kommunaler Ebene (z. B. Wasserversorger, zivilgesellschaftliche Gruppen). Außerdem sprachen sie mit Stakeholdern aus der Land- und Fortwirtschaft (z. B. Landwirtschaftskammer, Forstamt).
Für die Gespräche wurde ein Interviewleitfaden basierend auf dem Adaptiven Managementzyklus genutzt. Beim Adaptiven Managementzyklus werden durchgeführte Maßnahmen kontinuierlich evaluiert und auf Basis von Informationen und Erkenntnissen angepasst und optimiert. Adaptives Management ist somit ein fortlaufender, systematischer Prozess, der besonders gut geeignet ist, um die Anpassungsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit komplexer Systeme in Zeiten von Unsicherheiten zu fördern.
Der Managementzyklus durchläuft verschiedene Phasen und ein Adaptives Wassermanagement muss fähig sein, auf neue Erkenntnisse durch Anpassung von Maßnahmen und grundlegende Strategieänderungen zu reagieren. Dies umfasst Lern- und Entscheidungsprozesse, in die eine Vielzahl von Akteuren eingebunden sind.
Die Wissenschaftler*innen bezogen sich in den Interviews auf den Managementzyklus, um herauszufinden, wie und in welchen Phasen des Wassermanagements die Stakeholder Daten und Digitalisierung bereits nutzen und worin derzeit die Herausforderungen bestehen. Angelehnt an die unterschiedlichen Phasen des Managementzyklus befragten die Wissenschaftler*innen die Stakeholder u. a. zu deren strategischen Zielen – insbesondere vor dem Hintergrund des Klimawandels –, zu geplanten und bereits implementierten Maßnahmen sowie zu Aktivitäten im Bereich Monitoring und Evaluierung. Aus den Ergebnissen konnten die Wissenschaftler*innen ableiten, wie stark das Adaptive Management bei den Stakeholdern verankert ist, wo bereits digitale Lösungen zum Einsatz kommen oder was verändert werden müsste, um die bisherigen Managementstrukturen adaptiv(er) zu gestalten.
Erste Ergebnisse zum Stand der Digitalisierung
Die Wissenschaftler*innen haben mit der Auswertung der Interviews begonnen. Ihr Erkenntnisinteresse gilt vor allem drei Fragestellungen: Wie kann Digitalisierung die Umsetzung von Adaptivem Wassermanagement unterstützen? Welche Arten von Digitalisierungsanwendungen erweisen sich in welcher Phase des Managementzyklus als nützlich? Welche Veränderungen sind notwendig, damit die Anpassungsfähigkeit des Wassersektors verbessert wird und das Potenzial von Digitalisierungsanwendungen hierfür genutzt werden kann?
In diesem Zusammenhang erarbeiteten die Wissenschaftler*innen einen Überblick über den aktuellen Stand der Digitalisierung im niedersächsischen Wassersektor. Die bisherigen Auswertungen ergaben, dass die Stakeholder bereits einzelne Aspekte des Adaptiven Managements umsetzen. Es besteht aber noch Verbesserungspotenzial in der systematischen Einbindung von Lernprozessen, um den Adaptiven Managementzyklus in seiner Gesamtheit zu durchlaufen. Die Gespräche zeigten auch, dass alle Stakeholder bereits digitale Anwendungen in irgendeiner Form nutzen, sowohl im Wassermanagement selbst als auch in administrativen und arbeitsorganisatorischen Abläufen. Sie sind sehr daran interessiert, Digitalisierung bestmöglich einzubinden. Teilweise liegen in den befragten Organisationen strukturierte Digitalisierungsstrategien vor, teilweise werden Maßnahmen ad hoc entwickelt. Die Stakeholder zeigen sich durchaus experimentierfreudig und suchen aktiv nach digitalen Lösungen für ihre Probleme. Gleichzeitig fehlt bislang ein organisationsübergreifender Wissensaustausch, durch den sie voneinander lernen könnten, wie sich Probleme mithilfe von Digitalisierung lösen lassen. Des Weiteren müssen die Stakeholder Richtlinien zum Umgang mit Daten berücksichtigen und sich daher immer fragen, welche Aktivitäten der Datenschutzgrundverordnung entsprechen, wie sie mit Künstlicher Intelligenz umgehen wollen und welche digitalen Anwendungen sie ausprobieren können bzw. dürfen. Für die Entwicklung und Implementierung digitaler Lösungen benötigen sie daher nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch Know-how, z. B. durch entsprechend geschulte Mitarbeiter*innen.
Die Ergebnisse der Interviews sind auch für andere Fragestellungen innerhalb des Zukunftslabors Wasser interessant. So wurde bereits deutlich, dass Themen wie Datenlücken und Datenqualität für weitere Forschungsbereiche und Arbeitspakete relevant sind, um digitale Anwendungen möglichst praxisorientiert zu entwickeln.
Rahmenbedingungen beeinflussen die Stakeholder des Wassersektors
Aus den Interviews ging hervor, dass die Stakeholder des niedersächsischen Wassersektors von institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen beeinflusst werden. Deshalb begannen die Wissenschaftler*innen damit, sowohl die internen Digitalisierungsstrategien der Stakeholder als auch Gesetze und Förderrichtlinien intensiver zu betrachten (wie z. B. das Wasserhaushaltsgesetz oder die niedersächsische Förderrichtlinie zur Klimafolgenanpassung in der Wasserwirtschaft). Darüber hinaus gibt es auf Bundes- und Landesebene eine Vielzahl von Konzepten (wie z. B. das niedersächsische Wasserversorgungskonzept oder die nationale Wasserstrategie), die die strategische Ausrichtung des Wassermanagements beeinflussen.
Umgang mit Unsicherheiten
Das Adaptive Wassermanagement sollte Unsicherheiten berücksichtigen, um anpassungsfähig zu sein. In den Interviews sprachen die Wissenschaftler*innen mit den Stakeholdern darüber, wie sie mit verschiedenen Unsicherheiten umgehen. Dazu zählen Unsicherheiten in der Umwelt (z. B. Extremereignisse wie Starkniederschläge oder lange Dürreperioden), in der Technologie (z. B. technologische Innovationen, Know-how) und in der Gesellschaft (z. B. Fachkräftemangel, Inflation).
Ein prägnantes Beispiel im Bereich der Unsicherheiten betrifft die Wassermengenentnahme: Die Entnahme geringer Wassermengen aus dem Grundwasser muss nicht gemeldet werden. Daher ist es schwierig abzuschätzen, wie viel Wasser tatsächlich entnommen wird. Die Wissenschaftler*innen des Zukunftslabors werden diese Fragestellung im Forschungsjahr 2024 untersuchen und prüfen, inwiefern digitale Innovationen diese Unsicherheiten minimieren können.
Übersicht über nützliche Internetportale
Es gibt bereits zahlreiche Internetportale, die nützliche Informationen zum digitalen Wasser- und Umweltmanagement bereitstellen. Dazu gehören z. B. Online-Kartenserver oder Online-Wetterdienste, die ihre Angebote größtenteils im Sinne der Open Science öffentlich zugänglich machen. Um eine Übersicht über nützliche Internetportale zu erhalten, prüften die Wissenschaftler*innen den Informationsgehalt der Portale und notierten hilfreiche Adressen in einer Liste. In den Interviews äußerten die Stakeholder den Wunsch nach mehr Transparenz darüber, wer welche Daten im Wassermanagement zu welchem Zweck erhebt und wie diese Daten darüber hinaus genutzt werden könnten. Auch diese Informationen tragen die Wissenschaftler*innen in ihrer Übersicht zusammen. Durch die gemeinsame Nutzung eines Datensatzes für verschiedene Anwendungsbereiche kann eine doppelte Datenerhebung vermieden werden, wodurch wertvolle Ressourcen gespart werden können.
Ausblick
Im Forschungsjahr 2024 werden die Wissenschaftler*innen die Interviews weiter auswerten. Auf Basis der Interviewerkenntnisse und der Analysen zu den Rahmenbedingungen werden die Wissenschaftler*innen die Bedarfe und Ansprüche der Stakeholder des niedersächsischen Wassersektors an Daten und Digitalisierung zusammenfassen und aufbereiten. Im nächsten Schritt werden sie hieraus ein Konzept entwickeln, das darstellt, wie Digitalisierung innerhalb des Adaptiven Wassermanagements (besser) eingebettet werden kann.