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Jetzt anmelden24.02.2022
Mit dem sechsten „Digitaltalk Niedersachsen“ vervollständigte das Zentrum für digitale Innovationen Niedersachsen (ZDIN) seine Diskussionsreihe. Am 17.02.2022 hatte das Zukunftslabor Mobilität Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft dazu eingeladen, folgende Frage zu diskutieren: „Ferngesteuerte Autos – Gefahr durch Hacker?“
Katharina Guleikoff moderierte die Diskussion zwischen Prof. Dr. Jörn Eichler (Leiter Security Engineering bei der Volkswagen AG), Dr. Jan-Henrik Fischer-Wolfarth (Gruppenleiter Elektronik und Digitalisierung der Mobilität bei der VDI/VDE Innovation + Technik GmbH), Stefan Muhle (Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung) sowie Prof. Dr. Andreas Rausch (Professor an der Technischen Universität Clausthal).
Den inhaltlichen Einstieg in die Veranstaltung übernahm Prof. Dr. Thomas Vietor (Technische Universität Braunschweig/NFF), Sprecher des Zukunftslabors Mobilität:
Warum ist die Digitalisierung der Mobilität so wichtig? Das Verkehrsaufkommen steigt weltweit. 2017 wurden 1,2 Billionen Personenkilometer sowie 0,7 Billionen Tonnenkilometer im Güterverkehr allein in Deutschland zurückgelegt, Tendenz steigend. Mobilität ist wichtig für das persönliche Leben, aber auch für die Wirtschaft. Mithilfe der Digitalisierung können wir die Mobilität effizienter nutzen und zukunftsfähig gestalten. Deshalb erforschen wir im Zukunftslabor Mobilität digitale Konzepte und Lösungen für den Verkehrssektor und tragen diese in die Praxis.
Im Laufe der Diskussion wurde schnell deutlich, dass das Thema Sicherheit beim autonomen Fahren sehr breit gefächert ist. Es geht nicht nur um Sicherheitskonzepte der Fahrzeuge an sich, sondern auch um die Absicherung der Infrastruktur, um die Sensibilisierung der Kund*innen und um Fragen zum Datenschutz und zur Haftung.
Angriffsstellen autonomer Fahrzeuge
Prof. Rausch erklärte, dass ein Drittel der Angriffe auf die Server von autonomen Fahrzeugen abzielen, ein weiteres Drittel auf den Zugang zum Auto und rund 10 % auf Apps. Die restlichen Angriffe werden am Fahrzeug selbst verübt. Physikalische Angriffe werden seiner Einschätzung zufolge immer weniger werden. Insbesondere wireless Updates bildeten ein Risiko, für das es Sicherheitskonzepte benötige. Außerdem sei zu bedenken, dass auch die Veränderung der Infrastruktur Einfluss auf die Fahrzeuge haben kann, z. B. indem Ampeln ins Visier von Hackern geraten. Es gehe also nicht nur um die Sicherheit des Fahrzeugs, sondern auch um die Sicherheit des Umfeldes. Hierfür werde eine organisatorische Sicherheit erforderlich, wie es sie heutzutage z. B. schon am Flughafen in Form von Fluglotsen gebe.
Staatssekretär Muhle stimmte dem zu. Eine vernetzte Mobilität setze eine intelligente Infrastruktur und ein leistungsfähiges Datennetz voraus. Das Testfeld in Niedersachsen biete die Möglichkeit, verschiedenen Konzepte wie z. B. die V2X-Kommunikation (Auto kommuniziert mit dem Umfeld) zu testen. Wichtig sei aber auch, die Autofahrer*innen zu sensibilisieren. Ein Hackerangriff könne nie ausgeschlossen werden, weshalb es wichtig sei, die Fahrer*innen aufzuklären. Außerdem müssten autonome Fahrzeuge jederzeit in einen sicheren Zustand versetzt werden können (z. B. am Straßenrand parken), um Unfälle zu vermeiden. Wenn die Fahrer*innen von den Sicherheitsmaßnahmen des Fahrzeugs wissen, dann werde dies auch das Vertrauen in die Technologie stärken.
Cybersicherheit, Haftung und Datenschutz
Prof. Eichler schloss sich dieser Meinung an. Es sei auch wichtig zu kommunizieren, dass bereits jetzt strikte Regelungen zur Absicherung digitalisierter Mobilitätsdienste greifen. Automobilhersteller seien dazu verpflichtet, zertifizierte Prozesse einzusetzen und Zulassungsverfahren zu durchlaufen. Dies gelte zukünftig auch verstärkt für die Absicherung vor Cyberangriffen. Sämtliche Systeme des Fahrzeuges – sowohl die Hardware als auch die Software – müssten hinsichtlich der Security (Reduktion von Risiken auf ein angemessenes Maß) bewertet und entsprechend abgesichert werden.
Dr. Fischer-Wolfarth ergänzte, dass sich Angriffe nicht nur auf die Fahrfunktionen oder das Fahrzeug beziehen, sondern auch auf die privaten Daten der Fahrer*innen abzielen können. Datendiebstahl sei ein Aspekt, der im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung immer kritischer werde. Hierfür seien ebenfalls Sicherheitskonzepte erforderlich. Darüber hinaus betonte Dr. Fischer-Wolfarth, dass neben den Sicherheitsaspekten auch die Haftung geklärt werden müsse. Sollte es zu einem Vorfall (z. B. einem Unfall mit Sachschaden) kommen, müsse feststehen, wer für den entstandenen Schaden die Verantwortung trage. Dieses Thema bringe wiederum die Klärung von Sicherheitsfragen voran, denn bei entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen käme es seltener zu Haftungsfällen.
Der deutsche, „zögerliche“ Weg
Staatssekretär Muhle ist überzeugt, dass Deutschland beim Thema autonomes Fahren auf einem guten Weg ist. Die Mehrheit der Bevölkerung werde vermutlich nicht direkt morgen in einem autonomen Fahrzeug sitzen wollen. Deswegen sei genug Zeit, sichere Systeme zu entwickeln – auch wenn dies dauere. Darüber hinaus werde ein eigener Rechtsrahmen benötigt, der das autonome Fahren kontrolliere und begleite. Dieser Rahmen müsse im Zusammenspiel von Staat und Wirtschaft entwickelt werden.
Dr. Fischer-Wolfarth stimmte zu. Er habe auch die Erfahrung gemacht, dass solche großen Veränderungen Zeit bräuchten. Übergeordnete Strukturen sind seiner Meinung nach ebenfalls zwingend erforderlich.
Prof. Rausch betonte die Chance, die eine langsame, aber sichere Vorgehensweise mit sich bringe. Beim autonomen Fahren könne sich Deutschland wieder ganz vorne an die Qualitätsspitze arbeiten, mit dem Siegel „Made in Germany“. Eine Leitstelle für Logistik und Sicherheit halte er für sinnvoll.
Prof. Eichler vertrat eine andere Meinung. Er hält den deutschen Weg nicht für zögerlich, sondern für hoch innovativ. Die rechtliche Grundlage sei in Deutschlang solide und ermögliche die Einführung neuer Technologien. Diese Chance müsse genutzt werden.
Wann fahren autonome Fahrzeuge in Deutschland?
Bei der Publikumsfrage, wann autonome Fahrzeuge auf deutschen Straßen fahren, hielten sich die Referenten bedeckt. Sie schätzen, dass vor 2030 kein autonomes Fahrzeug im normalen Straßenverkehr fahren wird. Wann genau es so weit sein kann, sei schwierig abzuschätzen.
Die Aufzeichnung dieses „Digitaltalks Niedersachsen“ wird bald auf dem YouTube-Kanal des ZDIN zu finden sein. Vorerst war dies die letzte Veranstaltung der Diskussionsreihe. Weitere Termine stehen aber schon in Aussicht. Das ZDIN wird zeitnah darüber auf seiner Website und in seinem Newsletter informieren.
Ansprechpartnerin für redaktionelle Rückfragen:
Kira Konrad B. A.
Marketing & Kommunikation
Zentrum für digitale Innovationen Niedersachsen (ZDIN)
Am OFFIS – Institut für Informatik, Escherweg 2, 26121 Oldenburg – Germany
Tel: 0441 9722-435
E-Mail: kira.konrad@zdin.de
www.zdin.de