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Jetzt anmeldenDie Digitalisierung beeinflusst nahezu alle Bereiche unserer Gesellschaft. Sie wirkt sich auf unser Privatleben und unseren Berufsalltag aus und ermöglicht Innovationen in der Wirtschaft. Politik und Gesetzgebung werden zunehmend in die Pflicht genommen, Rahmenbedingungen anzupassen, um die fortschreitende Digitalisierung zu unterstützen. Das betrifft sowohl den Ausbau der digitalen Infrastruktur als auch die Anpassung von Gesetzen zum Umgang mit digitalen Technologien.
Die Wissenschaftler*innen des Zukunftslabors Gesellschaft & Arbeit untersuchen die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Wirtschaft und die Gesetzgebung und verdeutlichen Handlungsbedarfe für die Politik und die Rechtsprechung. Im Forschungsjahr 2023 untersuchten sie vier zentrale Themen: den Zusammenhang zwischen Digitalisierung und Beschäftigtenmobilität in Deutschland, die Einflussfaktoren auf die regionale Verteilung digitaler Unternehmensgründungen, den Digitalisierungsstand kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) in Niedersachsen sowie die Anwendbarkeit vorhandener Gesetze auf die Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI).
Zusammenhang zwischen Digitalisierung und Beschäftigtenmobilität
Die Wissenschaftler*innen untersuchten, ob die Corona-Pandemie und die damit verbundenen digitalisierungsbedingten Veränderungen (z. B. verstärkte Homeoffice-Tätigkeiten) dazu geführt haben, dass mehr Menschen ihren Wohnort in ländliche Räume verlegten. Um diese Frage zu beantworten, analysierten die Wissenschaftler*innen die Regionaldaten der Betriebshistorik-Datei des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sowie des Bundesinstituts für Berufliche Bildung (BiBB). Die Datei enthält Informationen zum Wirtschaftszweig und Standort eines Unternehmens sowie zu den Beschäftigten (z. B. Sozialversicherungspflicht, Qualifikation, Alter). Die Auswertung ergab, dass die Corona-Pandemie als Katalysator für die Digitalisierung wirkte, indem sie Homeoffice-Tätigkeiten in der Fläche möglich machte. Einige Beobachter*innen sehen in der Digitalisierung einen wichtigen Faktor, um die städtischen und ländlichen Räume als Wohn- und Arbeitsort neu zu ordnen und die Abwanderung vom Land in die Stadt zu verändern. Die digitale Infrastruktur und die digitalen Kompetenzen der Menschen können im ländlichen Raum die Chance bieten, hochqualifizierte Arbeitskräfte zu gewinnen und damit dem früheren wirtschaftlichen Nachteil gegenüber Städten entgegenzuwirken. Dadurch kann sich das traditionelle Muster der räumlichen Ungleichheit verändern. Aufgrund von Datendefiziten gibt es bislang jedoch kaum empirische Forschung zum Spannungsfeld zwischen Digitalisierung, Binnenmigration (Wanderung der Einwohner*innen zwischen deutschen Kreisen) und Corona-Pandemie. Die Wissenschaftler*innen stützten ihre Analysen auf zeitsensitive Beschäftigtendaten und räumliche Informationen über die Telearbeitsfähigkeit. Sie stellten fest: Seit Beginn der Corona-Pandemie haben mehr ländliche Regionen von der Binnenmigration profitiert als urbane Regionen. Insbesondere jüngere und hochqualifizierte Personen ziehen verstärkt in den ländlichen Raum.
Wir empfehlen der Politik, die bisher als ‚left-behind places‘ eingestuften Regionen mehr in den Fokus zu rücken, da diese von der digitalisierungsinduzierten Binnenmigration ökonomisch profitieren können. Die Politik sollte die Chance dieser Entwicklung proaktiv unterstützen und zu deren Beschleunigung und Verstärkung beitragen, z. B. über (digitale) Infrastrukturprojekte.
Einflussfaktoren für die regionale Verteilung digitaler Unternehmensgründungen
Hinsichtlich digitaler Unternehmensgründungen ermittelten die Wissenschaftler*innen Faktoren, die deren regionale Verteilung beeinflussen. Hierfür analysierten sie das Mannheimer Unternehmenspanel, das Informationen über neun Millionen Unternehmen in Deutschland enthält (z. B. Anzahl der Beschäftigten, Rechtsform, Gründungsdatum). Das Panel wird vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung bereitgestellt. Die Analyse zeigte, dass die digitale Infrastruktur allein nicht ausreicht, um die Kluft zwischen Stadt und Land bei Unternehmensgründungen zu überbrücken. Die digitale Infrastruktur ist zwar eine sehr wichtige Voraussetzung für „digital entrepreneurship“, aber ihre Wirkung wird erst durch die Verfügbarkeit hochqualifizierter Personen in den Regionen mit entsprechender Infrastruktur erheblich verstärkt. Der Zugang zum Breitband-Internet und zu anderen digitalen Technologien ist für digitale Unternehmer*innen von entscheidender Bedeutung, da er ihnen ermöglicht, ihre Reichweite zu vergrößern, neue Märkte zu erschließen und die betriebliche Effizienz zu verbessern. Um die Möglichkeiten für digitale Geschäftsmodelle in ländlichen Gebieten wirklich nutzen zu können, müssen die Unternehmer*innen die für den Erfolg erforderlichen digitalen Fähigkeiten besitzen. Da hochqualifizierte Personen mit größerer Wahrscheinlichkeit über diese Fähigkeiten verfügen, können sie entscheidend zur Zunahme und Überlebensfähigkeit digitaler Gründungen beitragen. Die Auswertungsergebnisse belegen nicht direkt, dass digitale Fähigkeiten eine Voraussetzung für digitales Unternehmertum sind, deuten aber darauf hin, dass hochqualifizierte Personen in einer Region auch die digitalen Fähigkeiten der Bevölkerung insgesamt positiv beeinflussen.
Auf Basis dieser Erkenntnisse empfehlen die Wissenschaftler*innen der Politik, die Förderung von Unternehmensgründungen nicht allein auf die technische Verfügbarkeit digitaler Dienste zu konzentrieren. Vielmehr sollten auch die digitalen Fähigkeiten der Beschäftigten generell unterstützt werden, um die Chancen für Beschäftigung und Wirtschaftswachstum in ländlichen Regionen zu erhöhen.
Ausblick: Vertiefung der Untersuchungen
Im Forschungsjahr 2024 werden die Wissenschaftler*innen die Untersuchungen zum Zusammenhang von Digitalisierung und Binnenmigrationsmustern in Deutschland fortführen. Sie werden jüngere Migrationsdaten analysieren, die den Zeitraum der Corona-Pandemie komplett abdecken (bis inkl. 2022). Folgende Forschungsfragen stehen im Fokus: Welche räumlichen Muster kennzeichnen den Status quo und die Veränderung der Arbeitsmobilität Hochqualifizierter in Deutschland vor und während der Corona-Pandemie (2016-2022)? Inwieweit profitieren ländliche Regionen? Welche Rolle spiel(t)en die tatsächlichen Homeoffice-Tätigkeiten, die Homeoffice-Potenziale und die regionalen Covid-19-Inzidenzen?
Der Attraktivitätsgewinn ländlicher Regionen für Hochqualifizierte im Falle hinreichender digitaler Infrastruktur ist regionalpolitisch von hoher Relevanz. Daher werden die Wissenschaftler*innen ausführliches, teils bisher unveröffentlichtes Datenmaterial verwenden, um die Stadt-Land-Migration empirisch abzubilden und u. a. nach Stadtgrößen, physischen Distanzen, Wohn- und/oder Arbeitsortverlagerungen, Homeoffice-Potenzialen sowie diversen sozioökonomischen Merkmalen der Personen zu differenzieren.
Umfrage in niedersächsischen KMU zum Stand der Digitalisierung
Die bisherigen Forschungserkenntnisse des Zukunftslabors zeigen, dass hochqualifizierte Personen mit digitalen Fähigkeiten die Gründung und die Überlebensfähigkeit digitaler Geschäftsmodelle in ländlichen Gebieten fördern. Doch wie digital agieren kleine und mittlere Unternehmen in Niedersachsen aktuell? Dieser Frage gingen die Wissenschaftler*innen mit einer umfangreichen qualitativen Befragung nach. Dafür interviewten sie etwa 100 Vertreter*innen niedersächsischer Unternehmen.
Die befragten KMU stammen aus vier ländlichen Regionen (Landkreise Emsland, Harburg, Hameln-Pyrmont und Lüchow-Dannenberg) und zwei Städten (Hannover und Osnabrück). Sie gehören zum verarbeitenden Gewerbe und zu wissensintensiven Unternehmensdienstleistungen (z. B. Software-Entwicklung, Werbeagenturen). In den Interviews ging es um folgende Themen: Nutzung und Einstellung des Unternehmens bezogen auf digitale Schlüsseltechnologien wie z. B. Künstliche Intelligenz, Big-Data-Analyse, Internet of Things (IoT), Bedeutung der Digitalisierung für das Unternehmen allgemein, Ausprägung der digitalen Kompetenzen sowie Formen des Erwerbs digitaler Kompetenzen, Einfluss des räumlichen Umfeldes auf Digitalisierung allgemein und digitale Kompetenzen im Speziellen innerhalb des Unternehmens sowie unternehmensexterne Netzwerke bzw. Kooperationspartner zur Digitalisierung.
Wir haben den ersten Themenschwerpunkt – die Nutzung und Einstellung der Unternehmen gegenüber digitalen Schlüsseltechnologien – bereits ausgewertet. Künstliche Intelligenz, Big Data und das Internet of Things werden häufig als Schlüsseltechnologien aufgefasst, da von ihnen zukünftig eine große Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und der deutschen Wirtschaft im Gesamten erwartet wird. Unsere Analyse zeigt, dass Unternehmen aus Städten diese Technologien intensiver nutzen als Unternehmen ländlicher Regionen. Dies stellt eine weitere Form des sogenannten Digital Divides dar, also der unterschiedlichen Ausprägungen beim Digitalisierungsfortschritt zwischen Bevölkerungsgruppen bzw. in diesem Fall zwischen Regionen.
Auch andere, weniger komplexe digitale Technologien werden tendenziell in Städten mehr genutzt als in ländlichen Regionen. Dies ist zurückzuführen auf eine höhere Ressourcenausstattung städtischer Unternehmen und eine schnellere Verbreitung im urbanen Raum. Diese Unterschiede in der Ressourcenausstattung und in der Diffusionsgeschwindigkeit gelten ebenso für KI, Big Data und IoT. Darüber hinaus übertragen sich die Unterschiede in der Nutzung grundlegender digitaler Technologien auch auf die Nutzung digitaler Schlüsseltechnologien, da diese auf den digitalen Basistechnologien aufbauen: Unternehmen, die bereits digital agieren, fällt es leichter, auch digitale Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz einzusetzen.
Darüber hinaus gibt es zwischen den verschiedenen ländlichen Regionen große Unterschiede bezüglich der Nutzung digitaler Schlüsseltechnologien. Die Existenz einer bestimmten Anzahl innovativer Unternehmen in einer eher ländlichen Region, die miteinander im Austausch stehen, erhöht die Chancen, dass KI, Big Data und IoT auch hier zum Einsatz kommen. Der Austausch mit anderen Akteuren ist für Unternehmen von großer Bedeutung, da mit dem Einsatz dieser innovativen Technologien viel Unsicherheit verbunden ist. Zudem zeigen die Interviews, dass für den Einsatz der Technologien Kontakte zu regionsexternen Forschungseinrichtungen wie Universitäten häufig eine Voraussetzung sind. Denn die Technologien halten Einzug in die Unternehmen meist über klar definierte Projekte, die Unternehmen mit Partnern umsetzen. Aufbauend auf diesen Projekterfahrungen können die Unternehmen die Technologien dann auch in anderen Bereichen einsetzen bzw. Einsatzmöglichkeiten bestimmen.
Aus den Erkenntnissen lässt sich ableiten, dass die technologischen und wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den niedersächsischen Regionen mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit weiter zunehmen werden.
Ausblick: Weiterführende Auswertung der Interviews
Im Forschungsjahr 2024 werden die Wissenschaftler*innen die weiteren Themen der Interviews auswerten (Bedeutung der Digitalisierung, Ausprägung der vorhandenen digitalen Kompetenzen sowie ihres Erwerbs, Einfluss des räumlichen Umfeldes, unternehmensexterne Netzwerke). Im darauffolgenden Schritt werden sie die Ergebnisse der Interviews mit den Ergebnissen aus den Umfragen der niedersächsischen Intermediäre zusammenführen und analysieren. Daraus werden sie Faktoren ableiten, die für die Ausprägung der digitalen Kompetenzen in Unternehmen innerhalb einer Region und die Unterschiede zwischen den Regionen relevant sind.
Rechtsgrundlage zum Einsatz Künstlicher Intelligenz
Die Untersuchungen des Zukunftslabors Gesellschaft & Arbeit verdeutlichen den Wert der Digitalisierung: Sie beeinflusst die Wettbewerbsfähigkeit am Markt zunehmend und bietet neue Möglichkeiten, Fachkräfte zu binden. Nicht nur die Unternehmen sind gefordert, ihre Prozesse und ihr Portfolio anzupassen, auch die Gesetzgebung muss den zunehmenden Einsatz digitaler Technologien aufgreifen und hierfür juristische Richtlinien schaffen.
Die Wissenschaftler*innen der Zukunftslabors prüfen, inwiefern der Einsatz Künstlicher Intelligenz in geltenden Rechtsgrundlagen geregelt ist. Als Anwendungsbeispiel konzentrieren sie sich auf die Vergabe von Krediten, die auf KI-Empfehlungen basieren. Im vergangenen Jahr hatten sie bereits untersucht, inwiefern die KI-basierte Vergabe von Krediten durch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) beeinflusst wird. Dazu hatten sie eine wissenschaftliche Stellungnahme abgegeben, die in der juristischen Fachliteratur und durch die Generalanwaltschaft des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) aufgegriffen wurde. Im Dezember 2023 traf der EuGH die Entscheidung, dass die Einschätzung der Kreditwürdigkeit auf Basis Künstlicher Intelligenz gemäß Art. 22 der DSGVO verboten ist.
Dieses Jahr untersuchten die Wissenschaftler*innen, wie die KI-basierte Kreditvergabe in der europäischen KI-Verordnung, im Bankaufsichtsrecht und im Zivilrecht geregelt ist. Die Europäische Union (EU) erarbeitet derzeit eine Verordnung zum Einsatz von KI-Technologien in Europa. Diese Verordnung soll sicherstellen, dass nur vertrauenswürdige KI eingesetzt wird. Sie verbietet bestimmte KI-Systeme, die die Werte der Europäischen Union (z. B. Grundrechte) verletzen. Strenge Anforderungen sollen an KI-Systeme gestellt werden, die ein hohes Risiko mit sich bringen (z. B. im Einsatz kritischer Infrastrukturen wie dem Verkehr oder bei der Strafverfolgung). Nur wenn die KI-Systeme rechtliche Vorgaben wie Transparenz, technische Dokumentation und die Einrichtung eines Risikomanagementsystems erfüllen, dürfen sie auf dem europäischen Markt etabliert werden.
Die Wissenschaftler*innen des Zukunftslabors stellten fest, dass im ersten Entwurf der KI-Verordnung keine Individualrechte für Personen vorgesehen waren, die von der Nutzung Künstlicher Intelligenz unmittelbar betroffen wären. Nach ihrer Analyse sprachen sich die Wissenschaftler*innen für die Aufnahme von Individualansprüchen in die Verordnung auf, da diese eng mit dem Grundrechtsschutz verknüpft sind und die Rechte von Betroffenen stärken. Im Verlauf des Gesetzgebungsprozesses wurden nun Individualansprüche in den Verordnungsentwurf aufgenommen. Betroffene Personen sollen gemäß Art. 68c Absatz 1 KI-VO-E das Recht erhalten, „von den Betreibern eine klare und aussagekräftige Erläuterung zur Rolle des KI-Systems im Entscheidungsprozess, zu den wichtigsten Parametern und zu den zugehörigen Eingabedaten verlangen zu können“.
Das zweite Thema, mit dem sich die Wissenschaftler*innen auseinandersetzten, war das Bankaufsichtsrecht. Dieses reguliert Banken und andere Finanzinstitutionen und bezweckt u. a. die Stabilität des Finanzmarktes. Es beinhaltet Regelungen zur Überwachung der Bankbetriebe durch Aufsichtsbehörden und zum Schutz der Verbraucher*innen im Bankgeschäft. Die Wissenschaftler*innen prüften das Bankaufsichtsrecht hinsichtlich der Nutzung Künstlicher Intelligenz im Kreditgeschäft. Auch für das Bankaufsichtsrecht ist es relevant, dass die KI richtige Entscheidungen trifft. Denn angenommen, es würden zahlreiche Kredite auf Basis (falscher) KI-Entscheidungen an nicht kreditwürdige Personen vergeben, wäre die Stabilität des Finanzmarktes gefährdet.
Die Wissenschaftler*innen stellten fest, dass die europäische KI-Verordnung die Pflichten zur KI-basierten Kreditvergabe mit den Regelungen des Bankaufsichtsrechts synchronisiert. Diese Regelungen befürworten die Wissenschaftler*innen, um doppelte Pflichten für Kreditinstitute zu vermeiden. Denn beruhten die KI-Verordnung und die Bankenaufsicht auf unterschiedlichen Regelungen zur KI-basierten Kreditvergabe, würde dies einen Mehraufwand und demnach auch Mehrkosten für die Kreditinstitute bedeuten. Daher ist aus eine Zusammenführung der Pflichten sinnvoll.
Das dritte Thema, das die Wissenschaftler*innen untersuchten, ist das Zivilrecht. Es regelt die Rechtsbeziehungen zwischen natürlichen Personen, zwischen natürlichen und juristischen Personen sowie zwischen juristischen Personen. Dazu zählen z. B. Regelungen zum Abschluss von Verträgen – darunter fallen auch Verträge zur Vergabe von Krediten. Die Wissenschaftler*innen prüften, inwiefern das Zivilrecht auf die KI-basierte Vergabe von Krediten angewendet werden kann. Die Prüfung ergab Folgendes: Personen, die nicht kreditwürdig sind, aber (fälschlicherweise) auf Basis einer KI einen Kredit erhalten haben, können zivilrechtliche Ansprüche geltend machen. Sie können u. a. eine Zinsreduzierung beantragen oder das Darlehen kündigen. Auch Personen, die aufgrund besonders geschützter Merkmale (z. B. Religion, Alter) durch die KI abgelehnt wurden, stehen Ansprüche zu. Die Wissenschaftler*innen befürworten die geplante Einführung von Sammelklagen und Beweiserleichterungen. Bei einer Sammelklage können anspruchsberechtigte Personen gemeinsam Klage einreichen, was die Hemmschwelle für Klageverfahren senkt. Dadurch werden die Rechte der Verbraucher*innen gestärkt.
Der Sachverhalt der KI-gestützten Darlehensvergabe unterliegt einem Geflecht verschiedener Regulierungen, die ineinandergreifen und sich ergänzen. Partiell bestehende Rechtsschutzlücken können durch eine erweiterte Gesetzesanwendung, wie z. B. nunmehr durch den EuGH zum Verbot automatisierter Einzelentscheidungen beim Scoring entschieden, oder durch die Schaffung neuer Gesetze geschlossen werden.
Ausblick: Wissenschaftliche Betrachtung der KI-Verordnung
Die Wissenschaftler*innen werden laufende Prozesse in der Rechtsprechung wie die europäische KI-Verordnung weiterverfolgen und aus wissenschaftlicher Sicht analysieren.