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Jetzt anmelden08.06.2021
Der Einsatz digitaler Technologien hat nicht nur Auswirkungen auf Mitarbeitende, sondern auch auf die wirtschaftliche Entwicklung ganzer Regionen. Um einen Überblick davon zu erhalten, werteten Wissenschaftler*innen qualitative und quantitative Studien aus. Das Ergebnis zeigt, dass Humankapital und digitale Kompetenzen zentral für die Generierung ökonomischer Effekte sind. Parallel zur Literaturrecherche werteten die Wissenschaftler*innen Datenbanken statistischer Ämter auf europäischer Ebene (Eurostat), auf Bundesebene (destatis) und auf Länderebene bis zur Gemeindeebene (LSN) aus. Ziel hierbei war es, einen Überblick über vorhandene Daten zu digitalen Kompetenzen oder zur Nutzung von digitalen Technologien in Unternehmen zu erhalten. Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass Daten zu digitalen Kompetenzen oder zur Nutzung digitaler Technologien teilweise vorliegen, jedoch nie auf einer niedrigen regionalen Ebene für Unternehmen. Daraufhin werteten die Wissenschaftler*innen von etwa 345.000 Unternehmen aus, ob sie eine Website pflegen. Dies nahmen sie als Näherungswert für die regionale Digitalisierungsintensität. Der Auswertung zufolge wirken sich folgende Aspekte positiv auf die Digitalisierung von Unternehmen aus: Unternehmenssitz in der Stadt, hohe Bevölkerungsdichte, hohes Bildungsniveau, junge Bevölkerung, hohe Zuzugsraten. Neben der Literaturrecherche und der Auswertung von Datenbanken führten die Wissenschaftler*innen Interviews mit sieben Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren durch, um das Verständnis von digitaler Kompetenz zu erfassen. Die Interviews ergaben, dass insbesondere moderne Managementfähigkeiten und Soft Skills als wichtige digitale Kompetenzen betrachtet werden. Technische Fähigkeiten, die sich auf bestimmte Technologien beziehen, wurden weniger betont. Das deutet darauf hin, dass viele Unternehmen noch relativ am Anfang ihrer digitalen Entwicklung sind. Aufbauend auf diesen Interviews werden die Wissenschaftler*innen im nächsten Schritt Intermediäre (IHK, Wirtschaftsförderung, Innovations-/Gründerzentren) zu den digitalen Kompetenzen befragen.
Der erfolgreiche - keineswegs lineare - Transfer innovativer Wissensbestände zwischen ihren akademischen Erzeugern und Unternehmen stellt eine Grundvoraussetzung für Innovationen und regionale Entwicklung dar. Damit dieser Transfer gelingen kann, bedarf es kooperativer Strukturen, die den Austausch zwischen den Beteiligten fördert.
Damit Unternehmen digitale Technologien in ihrem Betriebsalltag sicher und entschieden einsetzen können, sind rechtliche Anforderungen an die Erklärbarkeit, Nachvollziehbarkeit, Transparenz und Automatisierung von maschinellen Entscheidungen notwendig. In zwei Anwendungsfällen gehen die Wissenschaftler*innen diesen Herausforderungen nach: Zum einen untersuchen sie die zivilprozessuale Beweisführung im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz. Hierzu führten die Wissenschaftler*innen zunächst eine Literaturrecherche durch und fanden heraus, dass es bisher kaum wissenschaftliche Erkenntnisse darüber gibt, welchen Einfluss der Einsatz von KI in Zivilprozessen hat. In diesem Zusammenhang wird im weiteren Verlauf die Erklärbarkeit von KI thematisiert werden, um maschinelle Entscheidungen in Gerichtsverfahren einsetzen zu können. Die Erklärbarkeit bezieht sich sowohl auf rechtliche Erklärbarkeit (Geheimnisschutz oder Sicherheitsinteressen), als auch auf technische Faktoren (z. B. Komplexität und Art der Algorithmen). Zum anderen betrachten die Wissenschaftler*innen KI-gestützte Darlehensentscheidungen aus zivilrechtlicher, datenschutzrechtlicher und aufsichtsrechtlicher Sicht. Hierbei geht es vor allem um die Frage, inwieweit Kreditinstitute ihre Modelle zur Ermittlung der Kreditwürdigkeit ihrer Kund*innen offenzulegen haben. Dazu führten die Wissenschaftler*innen ebenfalls eine Literaturrecherche durch und stellten fest, dass Forschungslücken insbesondere bezüglich des internen Scorings der Kreditinstitute bestehen. Die Literaturlage zu externen Scorings durch Auskunfteien ist deutlich umfangreicher. Anknüpfend an die Erkenntnisse aus der Literatur werden die Wissenschaftler*innen im nächsten Schritt ermitteln, ob ein angemessener rechtlicher Rahmen für das interne Scoring besteht – unter Berücksichtigung von datenschutz- und aufsichtsrechtlichen Bestimmungen.
Neben den regionalen Auswirkungen der Digitalisierung und den rechtlichen Bestimmungen zum Einsatz digitaler Technologien thematisieren die Wissenschaftler*innen auch den Wissens- und Technologietransfer zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft, um bestehende Strukturen und Mechanismen zur Förderung der Entwicklung digitaler Innovationen in Niedersachsen verstehen und wirtschaftspolitische Implikationen für deren Weiterentwicklung ableiten zu können. Dafür schlüsseln sie regionale Akteurs- und Kooperationsstrukturen auf und ermitteln erfolgreiche Mechanismen, regionale Unterschiede und strukturelle Eigenarten niedersächsischer Innovationssysteme. Zunächst untersuchten die Wissenschaftler*innen im Rahmen einer Literaturrecherche regionale Wirkungsweisen und Funktionen von Innovationsintermediären. Zu diesen Intermediären gehören z. B. Kammern, Transferstellen von Hochschulen und kommunale Wirtschaftsförderungen. Bei der Literaturrecherche fiel auf, dass Wirkungsweisen, Modelle und Mechanismen der strategischen Zusammenarbeit zwischen Hochschulintermediären und politischen Intermediären bislang nur unzureichend erforscht sind. Wirksame regionale und überregionale Kooperationsstrukturen sind aber wichtig, um das innovative Wissen über digitale Technologien, das in Hochschulen und Forschungseinrichtungen generiert wird, für die Innovationsleistung kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU) in Niedersachsen nutzbar zu machen und es in wirtschafts- und innovationspolitischen Entscheidungsstrukturen zu berücksichtigen. Aufbauend auf dieser Erkenntnis erarbeiteten die Wissenschaftler*innen Leitfadeninterviews, die sie im weiteren Projektverlauf mit Intermediären aus den Regionen Göttingen, Hannover und Osnabrück durchführen werden. Ziel des Forschungsvorhabens ist die Entwicklung eines Unterstützungsgeflechts, das die erfolgreiche Partizipation niedersächsischer KMU an Innovationsprozessen sicherstellt und einen Beitrag zur Verbesserung der institutionellen Rahmenbedingungen für digitale Transformationsprozesse darstellt.