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Jetzt anmeldenWährend einer industriellen Fertigung entstehen wertvolle Daten, die zur Optimierung der Prozesse genutzt werden können. Die Auswertung dieser Daten bietet das Potenzial, den Ressourcenverbrauch zu reduzieren, Fertigungszeiten zu verbessern und die Qualität der Produkte zu steigern. Der Herstellungsprozess kann so deutlich effizienter gestaltet werden. Insbesondere wenn Unternehmen, die in einer Lieferkette Hand in Hand arbeiten, ihre Prozessdaten miteinander teilen. Das Zukunftslabor Produktion arbeitet mit einer beispielhaften Lieferkette, dem Aluminiumdruckguss. Hieran sind viele verschiedene Akteure und Unternehmen beteiligt, z. B. die Konstruktion, der Werkzeugbau, die Gießerei und weitere Akteure, die die Gussteile anschließend spanend bearbeiten, fügen, beschichten und montieren.
Für die Datenerhebung sind Sensoren erforderlich, die entlang des Produktionsprozesses integriert werden müssen. Das schließt insbesondere die Druckgießanlage ein. Diese besteht aus verschiedenen Einheiten: Der Kern ist die Druckgießmaschine, die das flüssige Aluminium mit hoher Geschwindigkeit und unter hohem Druck in die Form hineinpresst. Die Druckgießmaschine agiert mit weiteren Geräten, sog. Peripheriegeräten. Dazu zählen z. B. der Schmelz- und Warmhalteofen, die Dosiereinheit, die Temperiergeräte, der Sprühroboter, die Entlüftungseinheit und der Entnahmeroboter.
Teilweise verfügen die Peripheriegeräte bereits über digitale Schnittstellen. Jedoch arbeiten viele kleine und mittelständische Produktionsunternehmen oftmals mit älteren Geräten und Maschinen, die nicht über die notwendige Sensorik, Schnittstellen und Verarbeitungseinheiten verfügen. Da neue Anlagen hohe Investitionen erfordern und die älteren Einheiten meistens noch lange zuverlässig funktionieren können, besteht die Lösung im sog. Retrofit – der Modernisierung bestehender Anlagen.
Im Sinne des Retrofittings statteten die Wissenschaftler*innen z. B. ein Temperiergerät, das den Wärmehaushalt der Gießform regelt, mit zusätzlicher Sensorik (Temperatur- und Drucksensoren) und einem Mikrocontroller (zur Erfassung und Vorverarbeitung der Daten) aus. Dadurch können die Temperatur, der Druck und der Volumenstrom der Flüssigkeit, die die Form erwärmt bzw. kühlt, sowohl in Vorlauf als auch im Rücklauf erfasst werden. Zwei weitere Temperiergeräte sollen im kommenden Jahr auf ähnliche Weise mit Sensoren ausgestattet werden.
Die Digitalisierung schreitet täglich voran und stellt insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen vor große Herausforderungen. Damit sie den Anschluss nicht verpassen und wettbewerbsfähig bleiben, müssen sie handeln. Retrofitting ist eine einfache und günstige Möglichkeit, bestehende Produktionsanlagen aufzuwerten und mit der Digitalisierung mitzugehen.
Darüber hinaus integrierten die Wissenschaftler*innen Sensoren im Ofen und in der Umgebung der Druckgießanlage. Diese erfassen die Ofenraum- und Schmelzbadtemperatur sowie die Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit in der Umgebungsluft nahe des Druckgießprozesses. Sämtliche Sensorik statteten die Wissenschaftler*innen mit Mikrocontrollern zur Datenerfassung aus. Sowohl die Mikrocontroller als auch der Dosierroboter, der die Schmelze vom Ofen zur Druckgießmaschine befördert, kommunizieren über das Standardprotokoll OPC UA.
Die Sensordaten sollen innerhalb des jeweiligen Unternehmens ausgewertet und die Analyseergebnisse an eine zentrale Datenplattform weitergeleitet werden. Damit dies möglich ist, bauten die Wissenschaftler*innen ein Netzwerk innerhalb der Druckgießanlage auf. Testdurchläufe zeigten, dass die Datenaufzeichnung der Sensoren und die Datenauswertung über die Mikrocontroller und weitere Verarbeitungseinheiten wie gewünscht erfolgen. Die Übertragung der Daten funktioniert standortübergreifend mittels Virtual Private Network (VPN). Zukünftig soll die Anbindung zur Datenplattform über ein Edge Device – ein Gerät zur Auswertung und Steuerung von Datenflüssen zwischen verschiedenen Netzwerken – erfolgen.
Des Weiteren installierten die Wissenschaftler*innen Leistungsmessgeräte an jeder Einheit der Druckgießanlage, um die Energieaufnahme der einzelnen Geräte digital erfassen zu können. Anhand dieser Daten können sie den Zusammenhang zwischen der Energieaufnahme der Geräte und der Qualität des produzierten Gussteils untersuchen.
Für das kommende Jahr ist geplant, weitere umfangreiche Sensorik in die Entlüftungs- bzw. Vakuumeinheit zu integrieren und die erfassten Daten auszuwerten. Beim Druckgießprozess wird die Schmelze in die Form gepresst. Währenddessen muss die Luft, die im Hohlraum der Form eingeschlossen wurde, entzogen werden, um eine bessere Formfüllung und weniger Lufteinschlüsse zu ermöglichen, was folglich zu einer besseren Qualität des Bauteils führt. Mithilfe eines speziellen Sensorblocks können Restfeuchte, Temperatur, Restgasgehalt, Druck und Volumen der entzogenen Luftmasse erfasst und ausgewertet werden. Die Wissenschaftler*innen werden die Zusammenhänge zwischen den genannten Prozessdaten und der Bauteilqualität untersuchen.
Zudem werden sie ein Dashboard entwickeln, dass die Bediener*innen der Anlagen unterstützen soll. In Form eines Ampelsystems (grün = alles in Ordnung; gelb = etwas stimmt nicht, bitte prüfen; rot = anhalten!) sollen die Mitarbeiter*innen Handlungsempfehlungen erhalten. Zudem soll das Dashboard neben dem simplen Ampelsystem auch eine detaillierte Darstellung des aktuellen Prozesses beinhalten. Darüber hinaus werden die Wissenschaftler*innen Datensätze vom Aluminiumdruckguss des eigenen Referenzbauteils erzeugen und Qualitätsmerkmale prüfen. Dazu gehört auch, Grenzfälle zu betrachten (z. B.: Um wie viel Grad darf die Temperatur lokal schwanken, sodass die Bauteilqualität noch in Ordnung ist?) und Schwankungen zu simulieren.