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Jetzt anmelden15.08.2023
Unternehmensinterne Daten und Daten der Lieferkette können genutzt werden, um den Bedarf an Produkten zu prognostizieren und Aufträge besser zu planen und zu steuern. Die Auswertung der Daten kann sehr komplex sein und kann durch Machine Learning (ML) vereinfacht werden. ML erlernt Muster aus den Daten und trifft Vorhersagen zum erwarteten Absatz. Dieser datenbasierte Ansatz ist in der Regel deutlich präziser als geschätzte Absatzprognosen, die auf Erfahrungen basieren. Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) verfügen jedoch oft nicht über die Ressourcen, eigene ML-Modelle anzulegen. Für sie sind automatisierte ML-Modelle (AutoML) interessant, die nicht manuell entwickelt werden müssen. Die Mitarbeiter*innen brauchen lediglich ein grundsätzliches Verständnis für die Anwendung von ML-Modellen und müssen die Daten auswählen, die für die zu bewältigende Aufgabe relevant sind.
Die Wissenschaftler*innen des Zukunftslabors Produktion untersuchten, inwiefern solche AutoML-Lösungen für die Bedarfsplanung und Absatzprognose von produzierenden Unternehmen genutzt werden können. Hierfür testeten sie drei AutoML-Tools in zwei verschiedenen Produktionsumgebungen. Sie untersuchten die Prognose des Bedarfs verschiedener Produktgruppen für einen kurzen Zeithorizont (einen Monat mit 28 Tagen) und einen langen Zeithorizont (ein Jahr mit 52 Wochen). Die Analyse ergab, dass die Prognosegüte abhängig ist von der Software, den Eingabedaten und dem Nachfrageverhalten. AutoML zeigt insbesondere bei der kurzfristigen Prognose gute Ergebnisse. Bei langfristigen Prognosen bedarf es jedoch weiterer beschreibender Merkmale zur Verbesserung der Modellgüte. Dennoch stellt AutoML vor allem für das Prototyping und den Abgleich der Daten mit dem Geschäftsverständnis ein sehr gutes Einsatzfeld dar. So lassen sich präzisere datengestützte Prognosemodelle entwickeln. ML und AutoML haben jedoch den Nachteil, dass die Modelle im Vergleich zu statistischen Modellen komplexer sind und somit mehr Rechenleistung benötigen. Außerdem sind sie schwieriger nachzuvollziehen.
Parallel bauten die Wissenschaftler*innen einen Demonstrator zur Absatzprognose bei einem Chemieunternehmen auf, um ML-Verfahren mit klassischen statistischen Verfahren zu vergleichen. Im nächsten Schritt werden sie den Datensatz des Anwendungspartners analysieren und prüfen, wie KMU mit begrenzten Möglichkeiten ML-Methoden für ihre Absatzplanung nutzen können.
Machine Learning kann neben der Bedarfs- und Absatzprognose u. a. auch für das Risikomanagement in Lieferketten (Supply Chains) genutzt werden. Eine Literaturrecherche ergab, dass Künstliche Intelligenz in Kombination mit Big Data beim Aufbau eines strategischen Supply-Chain-Risikomanagements unterstützen kann.
Digitalisierungstechnologien können auch zur Gestaltung, Planung und Steuerung unternehmensübergreifender Material-, Informations- und Finanzflüsse innerhalb einer Lieferkette (sog. Supply Chain Management, SCM) beitragen. In diesem Zusammenhang wird das Konzept der Kreislaufwirtschaft im heutigen Unternehmensumfeld immer bedeutender. Dabei geht es darum, nur so viele Materialien und Produkte wie nötig zu verwenden und diese so lange wie möglich zum höchstmöglichen Wert zu nutzen, indem sie repariert, wiederverwendet und recycelt werden. Auf diese Weise sollen der Lebenszyklus der Produkte verlängert und Ressourcen eingespart werden. Das SCM spielt neben der Wahl adäquater Geschäftsmodelle und eines zirkulären Produktdesigns eine entscheidende Rolle beim Aufbau einer Kreislaufwirtschaft. Vor dem Hintergrund zunehmender Unsicherheiten in den Lieferketten (z. B. aufgrund geopolitischer Krisen) und gestiegener Anforderungen an eine Dekarbonisierung der Produktion, bietet die Kreislaufwirtschaft ein großes Potenzial zum Aufbau eines nachhaltigen und widerstandsfähigen Systems. Daher betrachten die Wissenschaftler*innen des Zukunftslabors Produktion dieses Konzept im Rahmen des Supply Chain Managements. Sie prüfen, wie das Konzept der Kreislaufwirtschaft in die Lieferkette einer Branche integriert werden könnte.
Da es noch kaum öffentlich zugängliche Daten zur Lieferkette im Druckguss gibt, untersuchten wir beispielhaft die deutsche Windenergiebranche. Für diese Branche sind über das Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur erste Daten der Lieferkette vorhanden. Wir entwickelten ein Konzept zur Integration der Kreislaufwirtschaft in das Supply Chain Management. Dabei wird nicht nur die Produktion in der Lieferkette betrachtet, sondern auch die Betriebsphase, der Rückbau, die Wiederaufbereitung, das Recycling und die Entsorgung der Bestandteile. Da hier mehrere Unternehmen beteiligt sind, wird die Bedeutung einer digitalen Prozesskette, bei der die Unternehmen ihre Daten miteinander teilen, deutlich.
Im kommenden Jahr werden die Wissenschaftler*innen verschiedene Lieferketten innerhalb der Windenergiebranche untersuchen (z. B. Produktion und Recycling der Rotorblätter, Rückbau der Windenergieanlagen), um ein tieferes Verständnis für die Lieferkette und deren Datenflüsse zu gewinnen. Darüber hinaus werden sie analysieren, inwiefern ML-Verfahren für unternehmensübergreifende Aufgaben (z. B. die Absatzprognose oder langfristige Kapazitätsplanung entlang der Lieferkette) eingesetzt werden können. Im Anschluss soll das mögliche Übertragungspotenzial der Erkenntnisse auf das Anwendungsbeispiel Druckguss skizziert werden.