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Jetzt anmelden11.05.2021
Landwirtschaftliche Daten sind sowohl für die Optimierung des Betriebs, die Einhaltung rechtlicher Vorgaben als auch die Vergabe von Zertifizierungen relevant. Darüber hinaus bilden sie die Grundlage für den Einsatz autonomer Verfahren. Diese Verfahren bestehen nicht nur aus dem technischen Werkzeug, das über eine Ackerfläche gefahren wird, sondern sind eingebettet in die vollständigen Begebenheiten eines Betriebes. Der Agrarroboter muss zum Beispiel im laufenden Betriebsalltag den Weg zwischen Gebäuden zurücklegen. Um die Navigation auf dem Hof testen zu können, statten die Wissenschaftler*innen outdoorfähige Roboterplattformen mit Sensorik und Satellitennavigationssystemen aus. Für den Anwendungsfall Milchvieh betrachten die Wissenschaftler*innen den Prototypen „VertiQ“, der in der autonomen Futtermischung eingesetzt wird. Der Futtermischer kann voll autonom auf einem entsprechend vorbereiteten Hof Silage (Futtermittel für Milchvieh) abtragen, Futterzusatz aufnehmen, mischen und das gemischte Futter gezielt im Stall ausbringen. Zudem erarbeiteten die Wissenschaftler*innen gemeinsam mit dem TÜV und der Berufsgenossenschaft ein Sicherheitskonzept, um Personen im Umfeld des Futtermischers zu schützen.
Für den Anwendungsfall Pflanzenbau begannen die Wissenschaftler*innen damit, ein autonomes System zur mechanischen Unkrautregulierung zu erarbeiten. Dafür modifizierten sie die bereits existierende Roboterplattform „BoniRob“, sodass ein Feld nach vorgegeben GPS-Informationen bearbeitet werden kann. Das System zur Unkrautregulierung setzt eine Stempelmatrix (Vorrichtung mit 15 pneumatisch angetriebenen Kolben) in Verbindung mit einem speziellen Lichtschnitt-Sensor ein (erzeugt ein 3D-Profil). Dieses System erkennt das Unkraut, klassifiziert es mithilfe künstlicher Intelligenz und drückt das Unkraut gezielt in den Boden. Für die Experimente mit dem „BoniRob“ kooperiert das Zukunftslabor mit dem Experimentierfeld „Agro-Nordwest“, das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert wird. Das Feld stellt die Infrastruktur eines realen landwirtschaftlichen Betriebs zur Verfügung, um Tests mit Prototypen durchführen zu können. Die Wissenschaftler*innen des Zukunftslabors erzeugten Luftbilder und Geländedaten aus der Umgebung des Experimentier-Hofes und modellierten semantische Zonen sowie Grundrisse, die als digitaler Zwilling die Umgebung des Hofes repräsentieren. Ein digitaler Zwilling ist ein Computermodell realer Begebenheiten, mit dem Prozesse digital simuliert werden können.
Des Weiteren begannen die Wissenschaftler*innen damit, ein ganzheitliches Modell des Experimentierfeldes und –hofes zu erstellen, um Abläufe mit autonomen Verfahren abbilden und im weiteren Verlauf testen zu können. Dafür ist es erforderlich, die Randbedingungen zu erfassen, wie z. B. das Datenmanagement des landwirtschaftlichen Betriebs. Dies hängt stark von der späteren Nutzungsweise der Daten ab. Autonome Systeme in der Tierhaltung erfordern andere Daten und Technologien als im Pflanzenbau. Für die Modellierung gehen die Wissenschaftler*innen von einem typischen Ackerbaubetrieb aus, anhand dessen vorhandene Betriebsmittel, einzelne Maschinen, Felder und lokale Straßen modelliert werden. Auf diese Weise lassen sich die Feldarbeiten eines Betriebes darstellen, Arbeitszeiten berechnen sowie Kraftstoff- und Betriebsstoffbedarfe kalkulieren. Außerdem können Verfahrensschritte beteiligter Maschinenkombinationen durchgeführt und zeitlich ermittelt werden. In die Modellumgebung können die Wissenschaftler*innen auch neue
Pflanzenbausysteme wie das Spot Farming integrieren, simulieren und erproben. Die bisherigen Recherchen zeigen, dass Bodenkarten, topografische Karten in Form von digitalen Geländemodellen, Ertragskarten, aus Satellitenbildern generierte Indizes sowie Erosionsdaten für die Generierung der Spots relevant sind. Die Wissenschaftler*innen untersuchen unterschiedliche Stufen der Datenverfügbarkeit und analysieren, welche Auswirkungen diese auf die Ergebnisse der Spot-Generierung hat. Zudem analysieren sie, welcher Grad an Homogenität in den Spots aus praktischer Sicht umsetzbar ist. Mithilfe der Simulation prüfen sie außerdem, welche Einflüsse anliegende Spots z. B. auf die Verbreitung von Begleitkräutern haben, um in anschließenden Simulationen Robotersysteme zur Unkrautbekämpfung bewerten zu können.
Im Spot Farming wird der heterogene Acker in homogene Teilbereiche, sogenannte „Spots“, eingeteilt, auf denen z. B. unterschiedliche Kulturen angebaut werden. Dadurch entsteht eine höhere Artenvielfalt und Bereiche für Hecken oder Blühwiesen – anders als in der konventionellen Landwirtschaft.
Von technischer Seite beleuchten wir die Bewirtschaftung der Spots. Dafür werden autonome Maschinen benötigt, die Felder kleinräumig bearbeiten können. Dabei können Ressourcen, beispielsweise Pflanzenschutz- oder Düngemittel, aber auch Energie, eingespart werden. Hierfür müssen ganzheitliche Konzepte und technische Lösungen erforscht werden.
Digital gestützte Systeme in der Nutztierhaltung können zur objektiven Erfassung und Bewertung und somit zu einer kontinuierlichen Verbesserung der Tierhaltung beitragen. Für den Anwendungsfall Tierhaltung liegt ein Fokus auf der Entwicklung und Etablierung von digital gestützten Frühwarnsystemen im Sinne eines Tierwohl-Monitorings. Unter anderem begannen die Wissenschaftler*innen damit, eine Methode zur Erfassung von Stress und Belastungen beim Haushuhn zu entwickeln, die kein Eingriff am Tier erfordert (nicht-invasive Methode). Als Hinweis auf Stress oder Belastung gilt die Ausschüttung von Stresshormonen, die im Rahmen der Methode untersucht werden. Des Weiteren erfolgt die Anwendung von bildgestützten Verfahren in der Nutzgeflügelhaltung, über die zukünftig frühzeitig Abweichungen im Bestand erkannt und durch Verknüpfung mit weiteren Parametern die Notwendigkeit einer gezielten Managementmaßnahme angezeigt werden soll. Hierzu werden diverse sensor- und bildgestützte Daten in der Herde erhoben, zugeordnet, bewertet und verknüpft. Mit Etablierung dieser Anwendungen in der Praxis sollen nicht nur das Tierwohl verbessert, sondern auch die Produktsicherheit gestützt und ein schonender Ressourceneinsatz gefördert werden.