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Jetzt anmelden01.06.2021
Welche digitalen Lösungen werden bereits in der Pflege eingesetzt? Welche Anwendungen sind in der Zukunft denkbar? Mit diesen Fragen beschäftigte sich die Diskussionsrunde „Info-Talk: Digitale Pflege“, die vom Zukunftslabor Gesellschaft & Arbeit sowie vom Digitales Hannover e. V. organisiert wurde. Die Veranstaltung fand am 21.05.2021 statt und war Teil der Reihe „Digitale Arbeit“, die verschiedene Aspekte der Digitalisierung im Berufsumfeld betrachtet. Insgesamt nahmen 15 Teilnehmer*innen aus den Branchen Software-Development, Soziologie, Pflege, Diakonie sowie Marketing am Info-Talk teil.
Zu Beginn der Veranstaltung gaben Dr. Jannis Hergesell (Leibniz Universität Hannover und Technische Universität Berlin) zusammen mit Malte Weber (Leibniz Universität Hannover) sowie Pastor Uwe Mletzko (theologischer Geschäftsführer der DIAKOVERE gGmbH) Impulse für die anschließende Diskussion mit Expert*innen aus der Praxis. In ihrem Vortrag „Digitale Innovationen und Pflegenotstand“ zeigten Dr. Hergesell und Herr Weber auf, dass digitale Pflegetechnologien (z. B. Robotik) als Lösungsstrategien für den aktuellen Pflegenotstand eingesetzt werden könnten. Allerdings fänden solche Technologien im aktuellen Pflegealltag noch kaum Anwendung. Ein zentrales Problem dabei sei die zu geringe Passung der Technologien in den pflegerischen Alltag. Das bedeute u. a., dass zu wenig relevante Informationen für das Pflegepersonal zur Verfügung gestellt würden. Daten wie Blutzuckergehalt, Blutdruck, Herzschlagrate usw. sind von medizinischer Seite aus wertvoll, für Pfleger*innen sei es aber auch relevant zu wissen, wie sich ein*e Patient*in an einem Tag fühle, ob er/sie das Verlangen nach sozialen Kontakten oder vielleicht auch nur Hunger habe. Patientenakten betrachteten Menschen eher als Datenpunkte, aber gerade in der Pflege sei es entscheidend, den Menschen vor und nicht hinter den Daten zu sehen.
Optimierung der Pflege in der Altenhilfe durch Sensornetzwerke
Dr. Jannis Hergesell und Malte Weber führten fort, dass Pflegekräfte in ihrem Berufsalltag nicht nur für die Versorgung der Patient*innen zuständig seien, sondern auch für die Dokumentation des Gesundheitszustandes. Hierdurch entstehe viel zusätzliche Arbeit, die Zeit koste. Ein Ziel von Digitalisierung sei es, solche Aufgaben durch digitale Abläufe oder Geräte zu minimieren und dadurch den Pflegealltag zu verbessern. In diesem Zusammenhang stellten die Vortragenden das Projekt „OPAL“ (OPAL: Optimierung der Pflege in der Altenhilfe durch Sensornetzwerke) vor, bei dem ein innovatives, sensordatenbasiertes digitales Pflegebett entwickelt wird, um die Dokumentationsaufgaben von Pflegekräften zu verringern. Das Pflegebett zeichnet z. B. Vitalparameter wir Blutdruck und Atemfrequenz auf. Indem das Fachpersonal diese Daten nicht mehr manuell messen müssen, können es sich auf die Versorgung in der stationären Altenhilfe mit Blick auf zentrale Qualitätsaspekte wie Dekubitus, Sturz, Inkontinenz, Schmerz und Ernährung besser kümmern.
Menschen mit Behinderung an der Digitalisierung teilhaben lassen
Neben den Chancen der Digitalisierung gebe es auch Hindernisse. Pastor Mletzko erklärte in seinem Impulsvortrag, dass viele Menschen mit Behinderungen keinen Zugang zu digitalen Angeboten hätten, da diese z. B. nicht in einfacher Sprache gestaltet seien. Dadurch verspürten sie Nachteile, fühlten sich ausgeschlossen und würden von der Digitalisierung abgehängt werden. Solchen Barrieren soll in den PIKSL Labore (Personenzentrierte Interaktion und Kommunikation für mehr Selbstbestimmung im Leben) entgegengewirkt werden. Die Labore böten jedem die Möglichkeit neue Medien auszuprobieren. Von den ersten Schritten im Internet bis hin zur selbständigen Gestaltung von Medienprodukten. Die PIKSL Labore begleiteten mit einer Vielzahl von Bildungsangeboten beim Weg in die digitale Welt.
Diskussion: Wie digital ist die Pflege?
An der Diskussion im Anschluss beteiligten sich unter anderem Jasmin Arbabian-Vogel (Geschäftsführerin vom Interkulturellen Sozialdienst in Hannover), Malte Weber vom OPAL-Projekt (Leibniz Universität Hannover, Institut für Soziologie) sowie Thomas Bella (Kaufmännischer Geschäftsführer der Diakoniestation Burgdorf). In der Diskussion ging es unter anderem um die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Digitalisierung der Pflege. Der Bedarf an digitalen Technologien sei durch Corona nicht gestiegen, aber die Pandemie habe Missstände deutlich aufgezeigt. Die Diskussion um den Fachkräftemangel sei viel älter als die Corona-Pandemie. Es sei falsch zu behaupten, der geringe Lohn sei der Grund für den Mangel. Das eigentliche Problem sei wesentlich vielfältiger, weil Jobs in der Pflege nicht attraktiv genug seien.
Ein weiterer Diskussionspunkt bezog sich auf den Einsatz digitaler Technologien in der Pflege. Menschen, die diesen Berufszweig wählten, täten dies nicht für „cooles Hilfsequipment“ wie Tablets oder Roboter. Sie möchten vielmehr den Patient*innen helfen – unabhängig von der Technik. Außerdem sei es nicht der goldene Weg, Patient*innen in ein durchtechnisiertes Umfeld zu bringen, da dadurch der Kontakt entsozialisiert werde. Bei der Automatisierung und Digitalisierung sei die soziale Interaktion nicht zu vernachlässigen. Des Weiteren reiche es nicht aus, Technologien zu entwickeln. Auf den richtigen Einsatz und die Verfügbarkeit käme es an. Schließlich hielten die Diskutierenden fest, dass die Technologieakzeptanz nicht vom Alter oder dem sozialen Umfeld abhänge, sondern viel mehr von der Neugierde und Begeisterung des Individuums. Dass ältere Menschen keine Technologien akzeptieren, sei ein Stereotyp.
Der Info-Talk war die zweite Veranstaltung zum Themenfeld „Digitale Arbeit“. In der ersten Veranstaltung am 30.04.2021 ging es um Herausforderungen und Perspektiven digitalisierter Arbeit. Ein Bericht dazu befindet sich auf der Website des ZDIN.
Ansprechpartnerin für redaktionelle Rückfragen:
Kira Konrad B. A.
Marketing & Kommunikation
Zentrum für digitale Innovationen Niedersachsen (ZDIN)
Am OFFIS – Institut für Informatik, Escherweg 2, 26121 Oldenburg – Germany
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