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Jetzt anmelden17.05.2021
Die Corona-Pandemie wirkte in nahezu allen Bereichen der Gesellschaft als Katalysator der Digitalisierung. Besonders der Arbeitsalltag veränderte sich für viele Menschen durch Homeoffice und Co. grundlegend. Gemeinsam mit dem Verein Digitales Hannover organisiert das Zukunftslabor Gesellschaft & Arbeit zwei Veranstaltungen zum Thema „Digitale Arbeit“, um mit Stakeholdern aus Wissenschaft und Praxis über die Zukunft von vermehrt digitalen Arbeitsweisen zu sprechen.
Die erste Veranstaltung fand am 30.04.2021 unter dem Thema „Digitalisierte Arbeit: Neue Herausforderungen und Perspektiven“ statt. Insgesamt nahmen 21 Personen aus unterschiedlichsten Branchen an der Veranstaltung teil. An der Diskussionsrunde beteiligten sich Expert*innen aus dem Versicherungs- und Bankenwesen, der Kommunikationsberatung und dem Marketing, der Software- und Innovationsentwicklung und der Digitalisierungsforschung.
Dr. Martin Kuhlmann (Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen -SOFI) eröffnete die digitale Veranstaltung mit einem Impulsvortrag zu den Themen Mitgestaltungsmöglichkeiten, Transparenz und Qualifizierung. In seiner empirischen Arbeitsforschung untersucht Dr. Kuhlmann unter anderem, wie sich die Arbeit im Einzelhandel, in der Pflege, in Verwaltungen und in der Produktion durch Digitalisierung verändert und wie die Veränderungen von den Beschäftigten erlebt und beurteilt werden. Dabei stellte sich heraus, dass sich die meisten Beschäftigten mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten, mehr Transparenz, einen besseren Informationsfluss und Entlastung bei Routinetätigkeiten erhoffen. Sie befürchteten aber auch eine stärkere personenbezogene Kontrolle, obwohl diese bisher nicht zu spüren sei. Ein Hauptkritikpunkt der Beschäftigten lautete, dass die Leistungsfähigkeit digitaler Technologien oft überschätzt werde und vorhandene Mängel und Unzulänglichkeiten von ihnen kompensiert werden müssen. Eine durchgreifende, arbeitserleichternde Verbesserung der Abläufe im Betrieb sei vielfach noch nicht festzustellen. Statt durch Entlastung sind die Digitalisierungserfahrungen vieler Beschäftigte durch Mehraufwand und Grenzen der verfügbaren Technologien geprägt. Die Erwartung, dass Digitalisierung die Qualität der Arbeit verbessern kann, besteht aber weiterhin.
Wir müssen Digitalisierung als Spielfeld betrachten. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, digitale Lösungen zur Gestaltung des Arbeitsalltages einzusetzen und zwar so, dass sie einen wirklichen Mehrwert für die Beschäftigten darstellen. Deswegen ist es wichtig, nicht das Soll zu beschreiben, sondern das Ist zu formen.
Dr. Kuhlmann betonte weiterhin, dass klare Regeln für den Umgang mit digitalen Technologien wichtig seien, um dem Wunsch nach Transparenz gerecht zu werden. Außerdem bemerkte er, dass vielfach externe Dienstleister für die Digitalisierung im Unternehmen eingesetzt würden, die die Bedürfnisse der Beschäftigten und der konkreten Arbeitsanforderungen nicht genau genug kennen und zu wenig recherchieren. Die Mitwirkungsmöglichkeiten der Beschäftigten bei der Ausgestaltung der Digitalisierung seien oft nicht ausreichend. Hier seien vor allem die Personalabteilung und das Management gefragt, die aber oft nur reaktiv agierten. Darüber hinaus müsse den Beschäftigten während der Arbeitszeit die Möglichkeit gegeben werden, sich mit neuen Technologien vertraut zu machen und den Umgang damit zu erlernen. Dies dürfe nicht unter den Tisch fallen oder außerhalb der Arbeitszeit verlangt werden.
Diskussion mit Expert*innen aus der Praxis
Im Anschluss an den Impulsvortrag tauschten sich die Teilnehmer*innen mit den Teilnehmer*innen: Welche neuen Herausforderungen und Perspektiven wird das digitale Arbeiten mit sich bringen? Die Kernaussagen waren dabei zum einen, dass Aussagen wie „Jeder Job wird wegrationalisiert“ überzogen seien und nicht der Realität entsprächen. Digitale Technologien sollten vielmehr als Hilfsmittel verstanden und nicht als Mittelpunkt betrachtet werden. Die Sichtweise habe vor allem mit der Unternehmens- und Arbeitskultur zu tun. Zum anderen sei es teilweise schon etabliert, dass sich die Mitarbeiter*innen während der Arbeitszeit mit neuen digitalen Anwendungen vertraut machten. Trotzdem sei dies überwiegend noch kein Standard, hier bestehe Verbesserungsbedarf. In diesem Zusammenhang sollten Führungskräfte als gutes Beispiel vorangehen und einen regelmäßigen Austausch etablieren, um auch eine bessere Arbeitskultur zu schaffen.
Digitalisierung in Handwerk und öffentlicher Verwaltung
Ein weiterer Diskussionspunkt bezog sich auf das Handwerk: Die steigende Komplexität, z. B. in Bezug auf die IT-Bürokratie stelle viele Handwerksunternehmen vor große Herausforderungen. Außerdem verändere sich die Beziehung zur Kundschaft enorm, da die Kontaktaufnahme zunehmend online stattfände, obwohl die Tätigkeiten im Handwerk gleichblieben. Eine Nachfrage aus dem Publikum sprach konkret den aktuellen Stand der Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung an. Daraufhin antwortete Dr. Kuhlmann, dass die Strukturen dort oft sehr regelorientiert seien und häufig der Wille für Veränderungen in Arbeitsabläufen fehle. Die öffentliche Verwaltung sei beim Thema Digitalisierung vielfach nach wie vor unterinvestiert und zu wenig gemanagt.
Bei einer weiteren Nachfrage ging es darum, ob es eine Metrik gebe, um den Digitalisierungsstand zukünftig zu messen. Die Antwort darauf war, dass einige Unternehmen teilweise schon Masterpläne erarbeitet hätten und die Nachhaltigkeit in Bezug auf Digitalisierung messen - z. B. werde gemessen, wie viele Ressourcen im Wert von x-Bäumen eine bestimmte Digitalisierungsmaßnahme einspare. Manche Arbeitgeber hätten auch schon früh angefangen, die Situation im Homeoffice zu evaluieren. Homeoffice müsse in der Zukunft dosiert genutzt werden, um das soziale und arbeitsbezogene Miteinander nicht zu gefährden. Es sei notwendig bereichsweise sehr genau zu überlegen, an welcher Stelle, für wen und in welchem Umfang Homeoffice sinnvoll sei. Zudem müssten nicht nur technische, sondern auch organisatorische Voraussetzungen geschaffen werden. Daraufhin fragte ein Gast aus dem Publikum, wie die Arbeitswelt in 20 Jahren aussehen werde. Dr. Kuhlmann teilte seine Einschätzung, dass körperliche Arbeiten weniger würden und dafür insbesondere interaktive Tätigkeiten zunähmen.
Save the date
Die nächste Veranstaltung zum Themenkomplex „Digitale Arbeit“ wird am 21. Mai, 16 Uhr stattfinden. Darin wird es um das Thema „Digitale Pflege“ gehen. Zu Gast aus Wissenschaft und Praxis sind u. a. Dr. Jannis Hergesell (Leibniz Universität Hannover und Technische Universität Berlin) und Jasmin Arbabian-Vogel (Interkultureller Sozialdienst in Hannover). Anmeldung und weitere Informationen unter: info@digitaleshannover.de
Ansprechpartnerin für redaktionelle Rückfragen:
Kira Konrad B. A.
Marketing & Kommunikation
Zentrum für digitale Innovationen Niedersachsen (ZDIN)
Am OFFIS – Institut für Informatik, Escherweg 2, 26121 Oldenburg – Germany
Tel: 0441 9722-435
E-Mail: kira.konrad@zdin.de
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