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Jetzt anmeldenIn digitalisierten Energiesystemen gibt es Wechselwirkungen und Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Energiesektoren, wie Strom und Wärme, sowie den IKT-Systemen. Um herauszufinden, welche Abhängigkeiten sensibel bzw. kritisch sind, identifizierten die Wissenschaftler*innen im vergangenen Jahr sechs Anwendungsfälle. Darin betrachteten sie folgende Aspekte der IKT: Effizienz und Optimalität, Technologieakzeptanz, Gebäudeoptimierung, Verbundoptimierung, Flexibilitätsvermarktung, robuster Netzbetrieb. In diesem Jahr konkretisierten sie diese Anwendungsfälle und leiteten daraus fünf Durchstichszenarien ab. Diese dienen dazu, mehrere technische Komponenten des Energiesystems in Form eines Integrationstests miteinander zu koppeln. In den Durchstichszenarien analysieren die Wissenschaftler*innen unterschiedliche Schwerpunkte und Problemstellungen sowie dazugehörige Forschungsfragen zu folgenden Themen: Flexibilität, IKT-Störungen, E-Mobilität, Gebäude und Netzbetrieb.
Im ersten Durchstichszenario wird die Flexibilität eines Heizungs-, Lüftungs- und Klimasystems (HLK) genutzt, um Probleme im Stromnetz zu lösen. Problematisch ist es z. B., wenn Strom kurzzeitig sehr stark nachgefragt wird und dadurch das Versorgungsnetz stark belastet ist (sog. Lastspitzen). Flexibilitäten können versorgungskritische Ungleichgewichte zwischen Stromerzeugung und Stromverbrauch ausgleichen. In der Simulation werden die Wissenschaftler*innen Gebäude einschließlich ihrer HLK simulieren und damit die Flexibilität der Anlagen ermitteln. Dabei werden sie die Flexibilität mehrerer Gebäude aggregieren und verwenden, wenn die Netzsimulation Probleme anzeigt (z. B. Spannungsbandverletzungen oder Netzengpässe). Das Szenario kann zu einem späteren Zeitpunkt um Elektromobilität, Speichersysteme, Vermarktung von Flexibilität und/oder Wärmenetze erweitert werden.
Das zweite Szenario thematisiert Störungen von IKT in digitalisierten Energiesystemen. Jede Komponente (z. B. Photovoltaik, Batteriespeicher) hat einen Software-Agenten, der mit den Agenten anderer Komponenten kommuniziert. In der Simulation prüfen die Wissenschaftler*innen, ob der Ausfall einer Komponente Auswirkungen auf die anderen hat. Sie werden die Simulation des Kommunikationsnetzwerkes mit der des Energiesystems koppeln und anhand dessen Ausfälle oder Informationsverzögerungen untersuchen. Damit können sie feststellen, wie sich die Leistungen des IKT-Systems auf das digitalisierte Energiesystem eines Quartiers auswirken.
Beim dritten Durchstichszenario geht es darum, die Auswirkungen der zunehmenden Anzahl von Elektrofahrzeugen auf das lokale Niederspannungsnetz eines bestehenden Quartiers zu analysieren. Der Energieverbrauch von Elektrofahrzeugen wird überwiegend durch private Ladepunkte gedeckt, die an das Niederspannungsnetz angeschlossen sind. Dadurch entstehen Spitzenlastfälle, die bei der Netzplanung von Quartieren in der Regel nicht berücksichtigt wurden, wodurch kritische Netzsituationen entstehen können. In das Szenario können weitere Faktoren eingebunden und ansprechend visualisiert werden (z. B. CO2-Emissionen, Photovoltaikanlagen und Batteriespeichersysteme).
Im vierten Szenario erstellen die Wissenschaftler*innen das Modell eines Mehrfamilienhauses inklusive Wetterdaten, Heizbedarf und Wärmeversorgungssystem über eine Wärmepumpe. Ziel dieses Szenarios ist es, Lastgänge für ein Jahr zu simulieren, die Ergebnisse grafisch darzustellen und auf Plausibilität zu prüfen. Außerdem sollen notwendige Schnittstellen zwischen den Komponenten des Energiesystems in der Co-Simulation getestet, optimiert und standardisiert werden.
Die Simulation von Versorgungsstrukturen erfordert genaue Beschreibungen und Modelle der Einzelkomponenten. Hierzu gehören technische Betriebsparameter, Schnittstellen zu den unterschiedlichen Sektoren und Informationssystemen, sowie generelle Randbedingungen wie gesetzliche Vorgaben und ökonomische Aspekte. Mit unserem Labor können wir die Modellierung technischer Aspekte und Schnittstellen teils vermeiden, indem wir die realen Komponenten, z. B. eine Ladesäule, mit unserer Simulationsumgebung koppeln. Damit steigern wir nicht nur die Genauigkeit, sondern erreichen auch einen großen Zeitvorteil, weil die Modellierung entfällt. Der nächste große Schritt ist die Kopplung von ganzen Laboren der Projektpartner. Damit stehen uns neue Möglichkeiten wissenschaftlicher Zusammenarbeit oder Kooperationsmöglichkeiten mit Praxispartnern zur Verfügung.
Das fünfte Durchstichszenario soll Aufschluss darüber geben, inwiefern zukünftige, zunehmend digitalisierte Energiesysteme wie gewohnt sicher und stabil betrieben werden können. Volatile erneuerbare Erzeugung oder geplante Flexibilität bei Verbraucher*innen und Einspeiser*innen sind dabei Gegenstand der Untersuchungen. Die Besonderheit ist, dass diese in Form von gemeinsamen Laborexperimenten an verschiedenen Standorten stattfinden. Dazu werden für sich eigenständige Labore über das Internet zu einem virtuellen Großversuch verkoppelt.
Diese fünf Szenarien werden die Wissenschaftler*innen im weiteren Projektverlauf näher untersuchen. Daraufhin werden sie prüfen, ob alle Aspekte der Anwendungsfälle anhand der Durchstichszenarien bearbeitet wurden, oder ob noch weitere Durchstichszenarien erforderlich sind.
Am Teilprojekt „Erforschung von IKT-Abhängigkeiten in Quartiersversorgungssystemen“ sind folgende Forschende seit Beginn involviert: